Die Mediencluster NRW GmbH lud am Donnerstag erstmals zum Kongress "The World After Advertising"ein. Und es war ein Tag, der sich gelohnt hat.
Wie neue Technologien unser Leben und damit auch die Anforderungen an die Kommunikation beeinflussen werden zeigte Rob Gonda, Global Director of Creative Technology bei SapientNitro und Blogger auf Take Me To Your Leader in seiner Keynote. In der der in die Zukunft bis ins Jahr 2020 sah.
Er stellte "Contextual Computing", also die Vernetzung zwischen Computer und Gehirn in den Mittelpunkt der Werbung.
Und wie sieht unsere Zukunft aus? Schon jetzt übernimmt unser Handy immer mehr die Rolle des Privatsekretärs oder unseres Gedächtnisses. Es ist Telefon ist Computer, Zahlungsmittel – und speichert alles. Wissen Sie noch Telefonnummern oder Geburtstage auswendig? Nein. In der Regel hält unser Smartphone hier längst alle Informationen für uns bereit und erinnert und an die wichtigen Daten.
Und das geht noch viel weiter. Zukünftig weiß Ihr Telefon-Computer immer besser, was Ihnen besonders gut gefällt oder was sie wo bestellt haben. Beim nächsten Geburtstag Ihres Liebsten wird es folglich nicht nur die Gebrutstagerinnerung an Sie weitergeben, sondern auch vorschlagen, dass Sie auf dem nach Hause Weg bei einem bestimmten Supermarkt einkaufen sollen, denn dort gibt es die Schokolade mit dem 75%igem Kakaoanteil die er so liebt. Vorher, so der Hinweis Ihres Handys, sollten Sie aber bei Ihrer Tankstelle anhalten, da der Spritpreis gerade gesenkt wurde.
"Get tracked and cookied" – der Webnutzer hinterlässt seine Spuren und Unternehmen und Werbetreibende nutzen Sie um maßgeschneiderte Angebote an den Kunden zu bringen.
2020 ist laut Gonda die Zeit des "Internets of things". Das Internet wird zur Infrastruktur unseres Lebens. Egal ob im Auto oder im Küchengerät: der Zugang zu Datenleitungen wird die Nutzung von Alltagsgegenständen verändern.
Das ist auf der einen Seite bequem aber irgendwie auch unheimlich.
Uwe Lübbermann sorgte für reichlich Lacher mit der Geschichte seiner Premium-Cola, die er produziert, weil im Afri-Cola eines Tages nicht mehr schmeckte.
Nach erfolgloser Beschwerde beim Produzenten machte er das, was doch "eingentlich normal ist": Er produziert und Vertreibt ein Produkt, dass den Verwendern schmeckt und in ihrem Sinne produziert und vertrieben wird. Denn schließlich, so Lübbermann, haben die Kunden die das Produkt kaufen doch einen Anspruch darauf, bezahlen Sie doch mit ihrem Geld die Gehälter der Produzenten und das Unternehmen.
So führt er ein Internet-Kollektiv, das nach einem Prinzip der Konsensdemokratie nach höchst ethischen Gesichtspunkten gesteuert wird. 500 Stakeholder können direkt mitbestimmen. Er sei schon häufiger von der Presse nach einem Pressetext zu dem Unternehmen gefragt worden, aber das lehnt er strikt ab. Er verschicke keine Pressetexte, sagte Lübbermann grinsend: “Dann würde ich ja Einfluss nehmen auf die Berichterstattung, das darf ich gar nicht.”
Werbung macht Premium Cola übrigens keine: “Werbung heißt vom Kunden Geld zu nehmen um ihm mit Werbung auf die Nerven zu gehen. Und das können wir doch nicht machen.”
Was die Digital Natives bewegt und wie sie Werbung verstehen zeigte Philipp Riederle, der 16-jährige Macher des Podcasts “Mein Iphone und ich“.
Für seine Generation sei ein Jugendmarkt ohne Social Media wie ein Jugendmarkt ohne Jugend. Über Blogs und aktuell vor allem Twitter und Facebook findet die Meinungsbildung statt. "Wir abonnieren keine Themen sondern Menschen die uns interessieren. Und das wichtigste dabei ist, dass sie autenthisch und ehrlich sind. Wir wollen mit einem Unternehmen mit echten Menschen kommunizieren. Nicht mit einer Blackbox sondern mit Menschen, die für das Unternehmen stehen und daran glauben. Wir wollen uns nicht von Unternehmen mit Werbung beballern lassen. Glaubt Ihr denn, dass wir etwas kaufen, weil es auf diesen - wie heißen die noch mal diese Banner 1.0 ach ja Plakatwände - glaubt Ihr, Ihr könnt und auf Plakatwänden Produkte verkaufen. Sicher nicht."
Philipp ist übrigens schon seit zwei Jahren als Vortragsreisender unterwegs, seine Lehrer stellen ihn dafür vom Unterricht gerne frei. Wenn nur ein Bruchteil der Jugendlichen so eloquent und interessiert ist wie er, müssen wir uns um die Zukunft unseres Landes übrigens doch nicht so große Sorgen machen.
Kurz vor Ende des Kongresstages kam Amir Kassaei mit seinem Vortrag "Werbung ist Tot", was auf Twitter für "Kassaei schafft sich selbst ab"-Kommentare sorgte.
Er plädierte dafür nicht weiter Sinnlosigkeit zu verkaufen. Man müsse weg von leeren Verkaufssprüchen und die Kommunikation mit dem Kunden suchen. Kunden als Freunde, nicht als Konsumenten verstehen.
Werber und Marketeers müssen das wirklich Wesentliche hinterfragen und die bunte Scheinwelt vergessen. Auch laut Kassaei muss, wer bestehen will, Nutzen stiften.
- Relvanz schlägt Awarness
- Content schlägt Media und
- liefern statt versprechen
Mal sehen, ob DDB es schafft in den Unternehmen zu missionieren. Auf zukünftige Kampagnen sind wir gespannt!
Fazit zum Tag: Unternehmen bewegen sich in eine neues Marketingzeitalter. Das Sender-Empfänger-Modell verliert mehr und mehr an Bedeutung und die ehrliche und transparente Kommunikation mit dem Kunden, intelligente Konzepten und begeisternder Kreativität rücken immer stärker in den Focus. Die Kunden von heute sind aufgeklärt und die kommenden Generationen sind es um so mehr. Ob es aber zu einer Welt nach der Werbung kommen wird ist ungewiss. Denn geworben - in welcher Form auch immer - wird ganz sicher weiter.
(Sämtliche Vorträge aus “The World After Advertising” sollen Stück für Stück auf der Konferenz-Homepage erscheinen.)
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